Mir ist bewusst geworden, dass das Gefühl überfordert zu sein, nicht von außen kommt. Es entsteht nicht durch die vielen Sachen, die ich zu erledigen habe. Es entsteht in meinem Kopf. Dazu ein Beispiel aus meinem Alltag.
Als ich von dem letzten Vortrag zurück nach Hause kam, stand ich vor einem Berg von Aufgaben. E-Mails stauten sich in meinem Postfach, Anrufe blinkten auf meinem Anrufbeantworter, Rechnungen und Einladungen lagen auf meinem Schreibtisch. Eigentlich wollte ich mich erholen, die Füße hochlegen, in Ruhe ausatmen. Aber in meinen Gedanken entstand ein großes Aber. Aber was ist, wenn bei all diesen Sachen, die aufgelaufen sind, etwas Wichtiges dabei ist? Etwas, das sofort erledigt werden muss? Diese Gedanken alarmierten mich. Dann kam noch ein kleiner Gedanke hinzu, der die Zuviel-Lawine auslöste: Ich werde mal eben schnell nachschauen, ob ich gleich etwas erledigen muss.
Ich fing an, mich durch die E-Mails, die Briefe und die Anrufe zu wühlen. Anfangs nahm ich mir vor, nur das Wichtigste zu erledigen. Das vergaß ich sehr schnell. Bereits nach einer halben Stunde steckte ich bis über beide Ohren in dem Aufgabenberg. Und es war kein Ende in Sicht. Ausruhen oder Füße hochlegen? Nein, daran dachte ich nicht mehr. Ich fühlte deutlich, wie ich hektischer und wütender wurde.
Ich bin dankbar, dass ich mittlerweile sehr gut wahrnehme, was in mir vorgeht. Früher hätte ich wahrscheinlich einfach weiter gemacht und dabei meinen emotionalen Zustand ignoriert. Heute bin ich froh, dass ich liebevoller auf mich achte.
Als mir bewusst wurde, dass ich mich nicht gut fühlte, machte ich eine Pause. Ich setzte mich im Wohnzimmer auf einen Sessel. So stellte ich Abstand her. Ich merkte, wer sich da in meinen Gedanken austobte. Es war mein Antreiber.
Der Antreiber ist der Teil der Persönlichkeit, der uns dazu bringt, aktiv zu werden. Er kann uns unter Druck setzen und uns ständig vor Augen halten, was noch alles zu tun ist. Mein Antreiber hat eine spezielle Art entwickelt, mich anzutreiben. Er tut das mit den Gedanken „mal eben schnell“. Obwohl ich mir vorgenommen hatte, mich auszuruhen, kam von meinem Antreiber der Gedanke: Mal eben schnell nachschauen, was in den E-Mails steht und was in der Post gelandet ist. Nur mal eben schnell den Anrufbeantworter abhören.
Auf diese Gedanken bin ich angesprungen. Weil dieses Mal-eben-schnell dann doch nicht schnell ging, fing mein Antreiber an, zu drängeln. Deshalb wurde ich immer hektischer.
Wenn wir von solchen Gedanken beherrscht werden, dann bestimmen sie, wie wir uns fühlen. Das Gefühl, überfordert zu sein entsteht, weil ein Teil in uns Druck macht und viel zu viel von uns verlangt.
Ich war nicht genervt von der Masse an E-Mails, von den Briefen oder den Anrufen auf meinen Anrufbeantworter. Ich war genervt, weil ich vollkommen mit den Antreiber-Gedanken in meinem Kopf verschmolzen war. Ich glaubte alles, was mein Antreiber sagte. Als mir das bewusst wurde, konnte ich mich von diesen Gedanken lösen. Ich bedankte mich beim Antreiber. (Ich gehe mit allen Teilen meiner Persönlichkeit freundlich um.) Danach fühlte ich mich leichter, befreiter. Und jetzt konnte mein ursprüngliches Bedürfnis wieder auftauchen. Ich genehmigte mir das, was ich in diesem Moment brauchte: ausruhen, Teetrinken und die Füße hochlegen.
Wenn alles zu viel wird, lohnt es sich, genauer auf das zu achten, was wir denken. Wir können uns von unserem inneren Antreiber und seinen typischen Gedanken abgrenzen. Und wenn wir das schaffen, kommen wir auch mit Druck von außen besser klar.
- Ich gönne mir zuerst eine Pause.
- Ich achte auf meine Gedanken: Was sage ich zu mir selbst? Durch welche Gedanken entsteht der Druck?
- Ich bedanke mich bei meinem Antreiber für seine Mühe. Und dann frage ich mich, was ich jetzt wirklich brauche.
- Ich (und nicht mein Antreiber) mache einen Plan, der die anstehenden Aufgaben erfasst damit ich sie schrittweise, eins nach dem anderen, anpacken kann. In diesem Plan bekommen auch meine Bedürfnisse nach Ruhe und dem süßen Nichtstun ihren Platz.